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Ich bin eine leidenschaftliche Autofahrerin. Ich fahre immer selbst und genieße natürlich die Geschwindigkeit. Es ist ein wundervolles und beschwingtes Gefühl, frei beweglich durch die Lande zu ziehen.

Vorige Woche fuhr ich eine meiner Lieblingsstrecken vom Seminarraum nach Hause, über Land. Einige Kreisel verlangsamten die Fahrt und bereits beim ersten Kreisverkehr fuhr mein Hintermann, ein männliches Wesen mittleren Alters in einem weißen VW Golf, so nah auf, dass mein Auffahrsensor sich meldete. Ich wartete, bis einer der Fahrer im Kreisverkehr sich entschloss, auszufahren, doch noch bevor ich Gas geben konnte, hupte mein Hintermann ungeduldig. Leider wählte er für seinen weiteren Weg die gleiche Strecke wie ich. Wir hingen beide hinter einem Fahrschul LKW auf unübersichtlicher Strecke mit 70 km/h und mein Hintermann zeigte seinen Unwillen durch Schlangenfahren, wie Rennfahrer es zum Warmfahren ihrer Rennreifen machen. „Ein wenig nervös der Mann“, dachte ich. Wie nicht anders zu erwarten, überholte der Rennfahrer mich und den LKW auf dem nächstbesten unübersichtlichen Teil der Strecke, und brachte damit alle Beteiligten, inklusiv den Gegenverkehr, in Lebensgefahr.

 

Woher kommt diese ungeheure Aggressivität, die wir täglich im Straßenverkehr erleben?

Ich fände es genial eine heilenergetische Fahrschultherapie anzubieten, denn nirgendwo anders, außer vielleicht in einer Aufstellung, kommt man so gezielt an Blockaden, wie im Straßenverkehr.

Beim Autofahren kommen verschiedene, interessante, energetische Faktoren zusammen.

 

  1. In meinem Auto bin ich geschützt.

Ich kann schreien, fluchen, den ganzen Frust rauslassen, Schimpfworte benutzen, einen Vogel zeigen und all das denken und tun, was ich mir sonst in meinem Leben nicht zugestehe.

Meine gut verpackte Wut findet endlich ein Ventil. Eigentlich ist es eine alte Emotion, die da angetriggert wird und endlich raus darf.

 

  1. Ich bin einfach besser!

Es gibt kaum eine andere Gelegenheit, bei der ich mich über andere Menschen und ihre Fehler und ihr Unvermögen so akut aufregen kann wie beim Autofahren. Außer mir selbst machen alle anderen alles falsch. Den ganzen Tag fühle ich mich Scheiße, jetzt kann ich es der Welt endlich mal zeigen, wer hier Scheiße ist – ganz klar, die Anderen!

Fühle ich mich deshalb im Auto besser als alle anderen, weil ich mich vielleicht sonst, bei meiner Arbeit, in der Familie, bei den Freunden, nirgendwo so richtig gut und anerkannt fühle?

 

  1. Das Auto gibt mir Anonymität.

Die anderen Autofahrer kennen mich nicht, hören mich nicht und ich sehe die anderen Fahrer nie wieder! (Es sei denn, sie halten auch beim nächsten Bäcker wie ich selbst, peinlich!) Wenige Menschen nehmen sich tatsächlich Zeit und Muße für sich, nehmen sich Raum für sich selbst. Im Auto meine ich, diesen Raum zu haben, und fühle mich unbeobachtet.

 

  1. Meine PS geben mir vermeintlich mehr Kraft, als ich im normalen Alltag habe.

Sonst trau ich mich kaum den Mund aufzumachen und meine Meinung zu vertreten, aber im Auto gilt das Recht des Stärkeren. Unsere intellektuell ausgerichtete Welt schreit förmlich danach, ein Kräftemessen auf einer ganz archaischen Ebene auszuführen…. und ich bin auch ganz toll!

 

  1. Im Endeffekt sind die anderen Fahrer meine Spiegel, zeigen mir meine Aggressionen, meine Ungeduld, meinen Bedarf mich abzugrenzen u.v.m.
    Mein Hintermann jedenfalls zeigte mir meinen Stress an diesem Tag. Als ich das verstanden hatte, fuhr ich einige Minuten gemütlich hinter dem Fahrschul LKW her, betrachtete die Feldarbeiter bei der Spargelernte und atmete tief durch. Es dauerte nicht lange, bis der LKW abbog und ich freie Fahrt hatte. Ich hätte nun rasen können, jedoch das war jetzt gar nicht mehr nötig, denn die innere Entspannung wirkte auch beruhigend auf den Gasfuß.

 

Achte bei deiner nächsten Autotour darauf, was die anderen Verkehrsteilnehmer bei dir anregen. Wut, Überheblichkeit oder Ohnmacht und Angst? Versuche, deinen Emotionen auf den Grund zu gehen und löse deine Blockaden auf. Denn auch wenn dich die Anderen nicht kennen und du sie niemals wiedersehen wirst, du trägst viel zu deiner eigenen Entspannung und Entwicklung bei, wenn du die Symptome zur Ursachenforschung nutzt und löst!

Ich wünsche dir viel Erfolg und viel Freude beim Fahren.

Deine Stefanie